Seit der Corona-Pandemie ist klar: Wir brauchen antivirale Medikamente, die nicht nur gegen ein einziges Virus wirken, sondern möglichst viele verschiedene Viren gleichzeitig bekämpfen können. Genau hier setzt eine neue, viel beachtete Studie an – mit spannenden Ergebnissen, auch für Menschen mit Long Covid.
Forscher:innen haben entdeckt, dass bestimmte Wirkstoffe, die den Energiestoffwechsel der Zellen beeinflussen, gleich mehrere gefährliche RNA-Viren bremsen können – darunter auch SARS-CoV-2, das Virus hinter COVID-19 und Long Covid. Zwei Substanzen standen dabei besonders im Fokus: Phenformin, ein alter Bekannter aus der Diabetes-Behandlung, und Atpenin A5, ein Wirkstoff aus der Forschung, der bisher hauptsächlich im Labor eingesetzt wurde.
Was genau machen diese Mittel?
Viren brauchen Energie und Baustoffe aus unseren Zellen, um sich zu vermehren. Die Forscher:innen fanden heraus, dass viele Virusarten dafür besonders stark auf bestimmte Stoffwechselwege angewiesen sind – vor allem auf die Mitochondrien, die „Kraftwerke“ der Zellen. Genau dort setzen Atpenin A5 und Phenformin an: Sie bremsen gezielt Enzyme in den Mitochondrien, die für die Energieproduktion wichtig sind. Dadurch verlieren die Viren ihre „Produktionsstätte“ – ohne unsere Energie können sie sich nicht mehr gut vermehren.
Was heißt das für SARS-CoV-2 und Long Covid?
Im Labor konnten die Forschenden zeigen, dass Atpenin A5 SARS-CoV-2, das Dengue-Virus, das Grippevirus (Influenza A) und das RSV-Virus effektiv hemmt – und das sogar in sehr niedrigen Dosierungen. Auch Phenformin zeigte gute Wirkung, besonders gegen SARS-CoV-2. Im Tierversuch mit Hamstern reduzierte Phenformin deutlich die Viruslast in den oberen Atemwegen – genau dort, wo sich das Coronavirus zuerst festsetzt.
Das ist nicht nur in der akuten Infektion spannend: Da Long Covid oft mit einer verlängerten Virusvermehrung oder einer chronischen Fehlregulation des Immunsystems zusammenhängt, könnten solche antiviralen Wirkstoffe auch dabei helfen, Langzeitfolgen zu lindern. Erste Studien zu ähnlichen Wirkstoffen wie Metformin zeigen bereits einen positiven Effekt bei Long Covid.
Ist das schon ein Medikament?
Noch nicht. Phenformin war früher als Diabetes-Medikament im Einsatz, wurde aber wegen seltener Nebenwirkungen (v.a. Laktatazidose) vom Markt genommen. In kurzen, gut überwachten Behandlungsphasen – wie bei einer Virusinfektion – könnte der Einsatz aber sicher sein. Atpenin A5 ist bislang nur ein Forschungskandidat. Die Ergebnisse dieser Studie liefern jedoch eine gute Basis für die Entwicklung neuer Medikamente auf dieser Grundlage.
Was bedeutet das für Betroffene?
Noch ist keine Anwendung dieser Wirkstoffe zugelassen – aber die Forschung macht Hoffnung. Die Idee, Viren nicht direkt, sondern über ihren Stoffwechselbedarf anzugreifen, könnte neue Wege eröffnen – auch für die Behandlung von Long Covid. Und sie zeigt: Die Wissenschaft arbeitet mit Hochdruck an breit wirksamen Lösungen für aktuelle und zukünftige Virusbedrohungen.
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