Seit Beginn der COVID-19-Pandemie rätseln Wissenschaftler weltweit über die Ursachen und möglichen Behandlungsansätze für Long-COVID. Eine neue Studie von Dr. med. Marco Leitzke, Oberarzt an der Helios Klinik Leisnig, liefert nun vielversprechende Ergebnisse: Die Anwendung von Nikotinpflastern könnte die Symptome der Erkrankung deutlich lindern oder sogar vollständig heilen.
Gestörte Neurotransmission als Ursache von Long-COVID
Long-COVID betrifft Millionen von Menschen weltweit und geht mit Symptomen wie chronischer Erschöpfung, Gedächtnisproblemen, Schmerzen und Atemnot einher. Dr. Leitzke und sein Team untersuchten die biochemischen Prozesse hinter diesen Symptomen und stießen auf eine mögliche Erklärung: Die SARS-CoV-2-Infektion beeinträchtigt die cholinerge Neurotransmission, also die Kommunikation zwischen Nervenzellen über Azetylcholinrezeptoren. Die Virusproteine blockieren diese Rezeptoren, wodurch essenzielle körperliche Funktionen gestört werden.
Nikotinpflaster als Lösung?
In seiner jüngsten Studie, die im Fachjournal Bioelectronic Medicine veröffentlicht wurde, konnte Dr. Leitzke mit bildgebenden Verfahren nachweisen, dass Nikotin in der Lage ist, die blockierten Rezeptoren zu befreien. „Nikotinpflaster zeigen eine beeindruckende Wirkung: Sie verdrängen das Virus-Protein von den Azetylcholinrezeptoren und ermöglichen so die Wiederherstellung der normalen Signalweiterleitung im Nervensystem“, erklärt der Forscher.
Beeindruckende Studienergebnisse
Die Untersuchung umfasste PET-CT/MRT-Scans von Long-COVID-Patienten vor und nach der Behandlung mit Nikotinpflastern. Dabei konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass Nikotin die Rezeptorblockade aufhebt. Die Effekte auf die Patienten waren vielversprechend: Viele berichteten von einer signifikanten Besserung ihrer Symptome – von einer spürbaren Erleichterung bis hin zu vollständigen Remissionen.
Eine nachträgliche Befragung von 231 Betroffenen bestätigte diese Ergebnisse: 73,5 Prozent der Teilnehmer gaben an, eine deutliche Verbesserung ihrer Beschwerden nach der Behandlung mit Nikotinpflastern erfahren zu haben. Auch die Lehrerin Ulrike Hundertmark, die nach einer COVID-19-Infektion unter schweren Sprachstörungen litt, berichtet von ihrer Teilnahme an der Studie: „Die Therapie hat mir nicht nur Erleichterung gebracht – sie hat mir mein normales Leben zurückgegeben.“
BILD: © Marco Leitzke
Kein Suchtpotenzial – aber weitere Forschung notwendig
Obwohl Nikotin gemeinhin mit Sucht und gesundheitlichen Risiken in Verbindung gebracht wird, betont Dr. Leitzke, dass transdermal verabreichtes Nikotin keine suchterzeugende Wirkung hat und kein Kanzerogen ist. Dennoch ist weitere Forschung notwendig, um die Langzeiteffekte dieser Therapieform besser zu verstehen.
Viele Long-COVID-Betroffene sehen in der Nikotinpflaster-Therapie einen „Gamechanger“. Die aktuellen Studienergebnisse machen Hoffnung auf eine wirksame Behandlung, wo bislang nur wenig geholfen hat.
Ob Nikotinpflaster künftig zur Standardtherapie gegen Long-COVID werden, bleibt abzuwarten – doch die Wissenschaft ist einer wirksamen Lösung einen bedeutenden Schritt näher gekommen.
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